Bayerns Beratungsstellen gegen Diskriminierung sind besorgt

Trotz hoher Fallzahlen gibt es ab 2026 keine sichere Weiterfinanzierung - das berichteten die respekt*land-Projekte Bayern, darunter AGABY, bei ihrer heutigen Pressekonferenz.

11.04.2025 Presseclub München

Bayerns Beratungsstellen gegen Diskriminierung sind besorgt: Trotz hoher Fallzahlen keine sichere Weiterfinanzierung ab 2026 Bayerns Beratungsstellen gegen Diskriminierung verzeichnen einen hohen Beratungsbedarf und eine starke Nachfrage von Menschen, die auf unterschiedliche Weise von Diskriminierung betroffen sind. Seit Projektbeginn im Frühjahr 2023 haben die Beratungsstellen insgesamt 488 Fälle bearbeitet. Diese Zahlen wurden heute bei einer Pressekonferenz bekanntgegeben und aufgeschlüsselt. 

Die Diskriminierungsformen sind zahlreich. Am häufigsten suchten Menschen Rat und Unterstützung, die von Rassismus, Antiziganismus und Ableismus (Diskriminierung aufgrund von Behinderung) betroffen waren. Aber auch die Merkmale Geschlecht, sexuelle Identität und Alter spielten eine große Rolle. Die Diskriminierungen ereigneten sich vor allem bei der Arbeit, in Ämtern, auf dem Wohnungsmarkt, im Gesundheits- oder Bildungsbereich und im Kontext von Dienstleistungen. „Ein Beratungsfall kann sich über Monate hinziehen und unterschiedliche Interventionsschritte von Betroffenen gemeinsam mit den Berater:innen beinhalten“ erläutert Ludwig Simek von AGABY. 

Da die Projekte noch nicht lange bestehen und die Antidiskriminierungsberatung in Bayern als Angebot noch relativ unbekannt ist, ist davon auszugehen, dass die Dunkelziffer weitaus höher liegt. Eine kommunal tätige Antidiskriminierungsstelle mit Zuständigkeit nur für das Stadtgebiet Nürnberg beispielsweise verzeichnete allein 188 Fälle im vergangenen Jahr. „Um Betroffene zu erreichen, ist die Verankerung in den Communities unerlässlich, deren Erfahrungen einbezogen werden müssen“, so Michelle Berger von der Antidiskriminierungsberatung des bayerischen Landesverbandes deutscher Sinti und Roma. 

Die bayerischen Beratungsstellen gegen Diskriminierung werden von vier Projekten getragen. Diese waren im Rahmen einer Bundesförderung im Jahr 2023 gestartet, da in Bayern bis dahin keine aus Landesmitteln geförderten, offenen und flächendeckenden Strukturen für Antidiskriminierungsberatung existierten. Trotz Auslastung aller Kapazitäten und steigender Bedarfe läuft die modellhafte Förderung durch den Bund im Januar 2026 aus. Philipp Seitz, Präsident des Bayerischen Jugendrings, betont: „Wir brauchen dringend eine Landesantidiskriminierungsstelle und eine dauerhafte Finanzierung unabhängiger zivilgesellschaftlicher Beratungsangebote.“ 

„Wir merken schon jetzt, wie hoch der Bedarf an Beratung ist. Es gibt in Deutschland ein Gesetz gegen Diskriminierung, aber die Menschen benötigen professionelle Unterstützung, um ihre Rechte auch wahrnehmen zu können“, so Dr. Nadja Kutscher vom Projekt M.U.T.. „Wenn unsere Förderung zum Jahresbeginn 2026 ausläuft, haben Ratsuchende vor allem im ländlichen Raum erneut keinerlei Anlaufstelle“, ergänzt Sindy Winkler vom Projekt Füreinander in Oberfranken (FiO).

Über die Projekte
Im Rahmen der Bundesförderung „respekt*land – Antidiskriminierungsberatung für ganz Deutschland arbeiten in Bayern aktuell folgende Projekte: FiO (Füreinander in Oberfranken in Trägerschaft der Fachstelle Demokratie und Partizipation am EBZ Bad Alexandersbad), M.U.T. (Mittel- und unterfränkische Themenstelle gegen Diskriminierung), die Mobile Antidiskriminierungsberatung in Bayern (getragen von AGABY, dem Dachverband der Ausländer- und Migrationsbeiräte in Bayern, und dem Bayerischen Jugendring) mit Zuständigkeit für Ober- und Niederbayern, die Oberpfalz und Schwaben sowie die Antidiskriminierungsberatung des Verbandes deutscher Sinti und Roma in Bayern (VDSR LV Bayern), die in ganz Bayern zum Themenfeld Antiziganismus berät. 

Kontakt
Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an folgende Nummer: 0152/36777012 (Dr. Nadja Kutscher vom Projekt M.U.T.) oder an fio[at]ebz-alexandersbad.de

Pressemitteilung als pdf

Berichterstattung BR (Audio und Artikel)
Berichterstattung Süddeutsche Zeitung (Artikel)