Innovative Schulung zu Sprecher*innen gegen Diskriminierung

Erst im Oktober 2020 hat sich das Bayerische Sozialministerium wiederholt gegen eine landesweite Antidiskriminierungsstelle ausgesprochen. Der Bedarf sei nicht vorhanden. Die Betroffenen, insbesondere viele Menschen mit Migrationsgeschichte, sehen das allerdings anders. Um bayernweit wirksamer gegen Diskriminierung vorzugehen startet der Landesverband der Integrationsbeiräte nun erstmals eine Ausbildung zur „Sprecher*in gegen Diskriminierung“.

Erst im Oktober 2020 hat sich das Bayerische Sozialministerium wiederholt gegen eine landesweite Antidiskriminierungsstelle ausgesprochen. Der Bedarf sei nicht vorhanden. Die Betroffenen, insbesondere viele Menschen mit Migrationsgeschichte, sehen das allerdings anders. Um bayernweit wirksamer gegen Diskriminierung vorzugehen startet der Landesverband der Integrationsbeiräte nun erstmals eine Ausbildung zur „Sprecher*in gegen Diskriminierung“.

Black Lives Matter, Hanau, Halle - das Thema Rassismus ist aktueller denn je. Ob im alltäglichen Miteinander, in sozialen Netzwerken oder auch in den Medien: viele Menschen, die aufgrund ihres äußeren Erscheinungsbildes oder ihres Namens als nicht-deutsch gesehen werden, erleben regelmäßig rassistische Diskriminierung. „Gerade zugewanderte Menschen machen im Alltag Ausgrenzungs-, Diskriminierungs- oder Gewalterfahrungen,“ betont Mitra Sharifi Neystanak, Vorsitzende der AGABY. Auch in Bayern steigt jährlich die Zahl der Beratungsfälle bei fünf kommunalen Antidiskriminierungsstellen. Immer mehr Menschen trauen sich, Hilfe in Anspruch zu nehmen. „Trotzdem werden sie vielerorts noch immer mit diesen Erfahrungen allein gelassen, weil keine Anlaufstellen vor Ort sind,“ weiß die gebürtige Iranerin.

Schluss mit der Opferrolle

 „Seit Jahren“, so Sharifi, „fordern wir von der Politik endlich ein Konzept für und die Umsetzung von langfristigen strukturellen Maßnahmen gegen Rassismus und rechtsextreme Gewalt.“ Ohne Anlaufstellen, blieben viele Betroffene in einer Art Opferrolle stecken. Viele Menschen, die solche Angriffe erleben, fühlen sich machtlos, haben Angst und wissen weder wie sie reagieren, sich zur Wehr setzen oder politisch etwas verändern können. „Und genau hier möchten wir mit unserer Schulung ansetzen und die Mitglieder der Integrationsbeiräte vor Ort stärken.“

Die kommunalen Integrationsbeiräte nehmen gesellschaftlich eine Schlüsselrolle ein: sie vertreten die Interessen zugewanderter Menschen auf kommunalpolitischer Ebene und geben damit den von Rassismus betroffenen eine Stimme. Gleichzeitig sind sie oft selbst von Diskriminierung betroffen. In der von AGABY speziell konzipierten Schulung lassen sich nun einige von ihnen zu „Sprecher*innen gegen Diskriminierung“ ausbilden.

Neu: Schulung zu Sprecher*innen gegen Diskriminierung für Mitglieder der Integrationsbeiräte

„Ansprechen, Aussprechen, Mitsprechen“ – so lauten die drei Module, in die sich die Schulung gliedert. „Wir haben ein völlig neues, bedarfsorientiertes Angebot entwickelt, in dem die Beiratsmitglieder fundiertes Fachwissen erhalten um langfristig als Wegweiser und politisches Sprachrohr für Betroffene aktiv wirken zu können,“ erklärt so Eric Mbarga, pädagogischer Leiter des Projekts. So lernen die Teilnehmenden beispielsweise rechtliche Grundlagen und Argumentationsstrategien kennen und erarbeiten sich, wie sie politische Arbeit gegen Diskriminierung effektiver mitgestalten können.  

Der Andrang auf die Schulung war groß: „Die 25 Teilnehmerplätze waren so schnell voll, dass wir die Anzahl erhöht haben und trotzdem noch eine Warteliste führen,“ erzählt Mbarga. „Und das, obwohl die Schulung aufgrund von Corona komplett online stattfinden wird.“ Insgesamt nehmen im ersten Durchgang 31 Personen aus 18 verschiedenen Integrationsbeiräten aus ganz Bayern teil. Das Projekt wird im Bundesprogramm „Demokratie leben!“ mit Kofinanzierung des Bayerischen Innenministeriums durchgeführt.

Integrationsbeiräte kein Ersatz für Antidiskriminierungsstellen

 „Wir freuen uns sehr, mit unserem neuen Projekt das Engagement gegen Rassismus und andere Formen der Diskriminierung in den Kommunen stärken zu können“, erklärt Mitra Sharifi und unterstreicht gleichzeitig: „Den bayernweiten Ausbau der Antidiskriminierungsstellen können unsere ‚Sprecher*innen gegen Diskriminierung‘ nicht ersetzen. Aber sie können sich zukünftig noch besser für die Einrichtung kommunaler Antidiskriminierungsstellen einsetzen.“