Resolution zur Kommunalwahl 2020

In 2020 stehen in Bayern Kommunalwahlen an, mit grundsätzlichen Auswirkungen auf die gesellschaftliche Stimmung und das Zusammenleben vor Ort in den Kommunen und damit in ganz Bayern. Zudem ist die Kommunalwahl die Abstimmung, bei der ein großer Teil der Menschen mit Migrationshintergrund ihr aktives und passives Wahlrecht ausüben kann.

Bei den Kommunalwahlen sind über die deutschen Staatsangehörigen hinaus zumindest EU-Staatsangehörige wahlberechtigt, die etwa 7,5% aller Wahlberechtigten,also volljährigen Bürger*innen in Bayern darstellen. Im Kontext der Kommunalwahlen ist jedoch auch der Anteil aller Menschen mit Migrationshintergrund relevant: mit über drei Millionen Menschen hat fast ein Viertel (23,8%) der bayerischen Bevölkerung einen Migrationshintergrund. Zwei Drittel davon sind deutsche Staatsangehörige mit Migrationshintergrund oder Eingebürgerte. Insgesamt hat also 17,9% der Gesamtbevölkerung in Bayern einen Migrationshintergrund und ist wahlberechtigt.

Es ist zu befürchten, dass der Wahlkampf wieder einmal von den rechtsextremen und rechtspopulistischen Parteien genutzt wird, um ihre rassistischen, nationalistischen und menschenfeindlichen Positionen zu verbreiten. Es ist ebenfalls nicht auszuschließen, dass die demokratischen Parteien der Versuchung nicht wiederstehen mit rechtspopulistischen Parolen und auf dem Rücken der Minderheiten am rechten Rand zu fischen.

Aus diesen oben genannten Gründen formulieren die Ausländer-, Migranten-und Integrationsbeiräte Bayerns folgende spezielle Forderungenan die bayerischen Kommunen:
  • sich für die Einführung des kommunalen Wahlrechts für alle einzusetzen, dafür Stadtratsbeschlüsse zu verabschieden und in ihren Spitzenverbänden zu werben. Das Wahlrecht kann zwar nicht auf der kommunalen Ebene geändert werden, dennoch ist es wichtig, dass die Kommunen als Orte der Integration und Partizipation sich für das Wahlrecht aller Bürger*innen einsetzen und sich dazu regelmäßig und deutlich positionieren. Dies wird auf der Landes-und Bundesebene ernsthafte Auswirkungen haben.an die demokratischen Parteien:
  • sich dafür einzusetzen, dass das kommunale Wahlrecht und weitere Möglichkeiten zur politischen Partizipation für Menschen ohne deutschen Pass eingeführt werden;
  • sich klar und deutlich für eine solidarische Stadtgesellschaft, für Demokratie, Pluralismus und Menschenrechte und gegen Nationalismus und Rassismus zu positionieren;
  • keinen Rassismus in den eigenen Reihen und im Wahlkampf zu tolerieren;
  • sich dafür einzusetzen, dass ab 2020 die Zusammensetzung der Kommunalparlamente der gesellschaftlichen Vielfalt entspricht und auch Menschen mit Migrationshintergrund, sowie Frauen und Männer gleichermaßen repräsentiert sind;
  • Bürger*innen mit Migrationshintergrund in die Parteienstrukturen miteinzubeziehen und als Kandidat*innen auf aussichtsreiche Listenplätze zu setzen;
  • die lokalen Integrationsbeiräte in ihrer Brückenfunktion und als Pool von möglichen Kandidat*innen und Werkstätten der Nachwuchsförderung wahrzunehmen;
  • Kandidat*innen mit Migrationshintergrund mit ihrem ganzen Spektrum an Expertise wahrzunehmen und nicht auf integrationspolitische Themen zu reduzieren;
  • Menschen mit Migrationshintergrund als Wählerpotenzial zu erkennen und ihreThemen im Kommunalwahlkampf gleichwertig zu behandeln. Laut Schätzungen liegt der Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund an allen potentiell Wahlberechtigten bei mindestens 33% (Statistiken der jeweiligen kommunalen Ämter für Statistik mit Stichtag 31.12.2017).
An allewahlberechtigten Menschen mit Migrationshintergrund:
  • von ihrem Wahlrecht Gebrauch zu machen. Weiter rufen wir dazu auf, sich auch aktiv in den Parteien zu engagieren und sich als Kandidat*innen für eine rassismusfreie und solidarische Gesellschaft einzubringen;
  • in den gesellschaftlichen Diskussionen Haltung zu zeigen und sich in und für Parteien zu engagieren, die sich in ihrem Programm klar gegen Rassismus und Diskriminierung positionieren und für eine moderne Einwanderungs-und Integrationspolitik sowie ein gleichberechtigtes Miteinander einsetzen;
  • Parteien zu ächten, die ihren Wahlkampf auf Kosten von Minderheiten machen und sich rassistischer Sprüche und Motive bedienen;
  • sich nicht spalten zulassen und in konstruierte Gruppen wie „neue“ und „alte“ Zugewanderte zuordnen zu lassen. Parteien, die gegen neue Einwanderer hetzen und damit das gesellschaftliche Klima vergiften, vertreten auch die Interessen der früher Eingewanderten nicht;
  • sich als Kandidat*innen aufstellen zu lassen. Wir ermutigen alle wahlberechtigten Menschen mit Migrationshintergrund ausdrücklich, auf demokratische Parteien bereits im ersten Halbjahr 2019 zuzugehen, sich in Parteienstrukturen einzubringen und ihren Anspruch auf aussichtsreiche Listenplätze zu erheben. Dabei sind die lokalen Integrationsbeiräte Ansprechpartner und Türöffner.Wir fordern auch die nicht-wahlberechtigten Zugewanderten auf, sich über die Programme der Parteien zu informieren und sich aktiv an den Diskussionen in den Parteien und in der Öffentlichkeit zu beteiligen.Die Ausländer-, Migranten-und Integrationsbeiräte Bayerns werden sich mit aller Kraft dafür einsetzen, einen Wahlerfolg der Rassisten zu verhindern. Wir werden uns politisch engagieren,egal ob mit oder ohne Wahlrecht, beispielsweise mit bayernweiten symbolischen Wahlen. Wir werden auf das Demokratiedefizit hinweisen und darauf aufmerksam machen, dass viele Menschen, die bereits lange in Deutschland leben und Teil der Gesellschaft sind, nicht wählen dürfen.

Bamberg, 31. März 20