Aktiv(ierend)e Antidiskriminierungsarbeit in Bayern
Gemeinsam mit unseren Mitgliedorganisationen setzen wir uns auf der persönlichen, gesellschaftlichen und politischen Ebene mit dem Thema Rassismus auseinander.
Ziel des Projektes ist es, strukturelle Herangehensweise in der Antidiskriminierunsgarbeit in Bayern zu verändern, die von Rassismus betroffenen Personen aktiv in die Gestaltung mit einzubeziehen und zum Engagement gegen Diskriminierung zu aktivieren. Das Projekt gliedert sich in die Teilbereiche
Empowerment & Professionalisierung - Sichtbarmachung - Vernetzung - Beratung
Das Projekt ist ein Modellprojekt im Bundesprogramm "Demokratie leben!" vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, mit Ko-Finanzierung aus Geldern des Bayerischen Staatsministeriums des Innern für Sport und Integration und findet in Kooperation mit dem Netzwerk Rassismus- und Diskriminierungsfreies Bayern statt.
Empowerment und Professionalisierung
Die Kernidee des Projektes ist hier in diesem Video noch mal zusammenfasst.
Kern des Projekts ist die Schulung „Sprecher*in gegen Diskriminierung“. In dieser reflektieren wir gemeinsam mit den Teilnehmenden eigene diskriminierende Erfahrungen, entwickeln Handlungsstrategien im Umgang mit Diskriminierung und zur Stärkung der politischen Stimme auf kommunaler Ebene. Nach dem erfolgreichen Abschluss der Schulung können die Sprecher*innen gegen Diskriminierung sich zu Multiplikator*innen fortbilden. Ziel der Fortbildung ist es, dass die Teilnehmer*innen nach Abschluss selbständig für ihren ehrenamtlichen Arbeitsbereich Workshops zu Antidiskriminierung planen und in ihren Beiräten oder/und Vereinen durchführen können.
Mit der Schulung zu Sprecher*innen gegen Diskriminierung und der anschließenden Fortbildung „Train the Trainer: Antidiskriminierungsworkshops konzipieren und durchführen“ unterstützen wir die Integrationsbeiräte bei ihrer wertvollen Arbeit für ein demokratisches und friedliches Zusammenleben in Bayern.
Schulung zum*r Sprecher*in gegen Diskriminierung
Die Schulung zu Sprecher*innen gegen Diskriminierung wurde im Jahr 2021 (online) und 2022 (hybrid) durchgeführt. Teilgenommen haben ausschließlich Mitglieder der bayerischen Ausländer-, Migranten- und Integrationsbeiräte.
Die Schulung ist in drei Module unterteilt.
Modul 1: AUSsprechen
Das erste Modul dient dazu, das eigene Wissen über unterschiedlichste Diskriminierungsformen zu erweitern und zu vertiefen sowie eigene Diskriminierungserfahrungen im Austausch miteinander zu reflektieren und einzuordnen.
Modul 2: ANsprechen
Im zweiten Teil der Schulung werden gemeinsam Handlungsstrategien erarbeitet, um Diskriminierung aktiv anzugehen. Neben rechtlichen Grundlagen werden bestehende Beratungsstrukturen in Bayern betrachtet und Agumentationsstategien trainiert.
Modul 3: MITsprechen
Im letzten Teil werden gemeinsam hilfreiche Strategien erarbeitet, wie das Thema in der politischen Arbeit aufgegriffen werden kann. Ziel ist es, die kommunalen Antidiskriminierungsstrukturen mitzugestalten, kompetente*r Ansprechpartner*in für Betroffene, Politik, Verwaltung und zivilgesellschaftliche Organisationen zu sein sowie eigene Projekte und/oder Kampagnen durchführen zu können.
Zurzeit wird keine weitere Schulung zu Sprecher*in gegen Diskriminierung angeboten.
Kontakt zu den Sprecher*innen: Bitte melden Sie sich bei agaby@agaby.de . Ihre Anfrage wird an die Sprecher*innen weitergeleitet.
Mehr zu den Jahrgängen hier weiter unten:
Train the Trainer: Antidiskriminierungsworkshops konzipieren und durchführen
Das AGABY Modelprojekt „Aktiv(ierende) Antidiskriminierungsarbeit in Bayern“ im Rahmen des Bundesprojektes „Demokratie leben“ biete im Förderjhar 2023 eine „Train the Trainer“ - Forbildung für die „Sprecher*innen gegen Diskriminierung“ und weitere interessierte Beiratsmitglieder an. Die Fortbildung ist in drei Module aufgeteilt.
Modul 1
Das erste Modul dient dazu, ein gemeinsames Verständnis von Antidiskriminierungsarbeit in Workshops zu erarbeiten und die eigene Haltung als angehende*r Trainer*in zu festigen.
Modul 2
Das zweite Modul stellt den Anti-Bias-Ansatz als einen von vielen Ansätzen der Antidiskriminerungsarbeit vor. In praktischen Einheiten wird das Moderieren von Gruppen und das Anleiten von Methoden eingeübt. Über Gruppenphasen und Moderationstechniken werden die Kompetenzen im Umgang mit der Zielgruppe gestärkt.
Modul 3
Zum Abschluss wird im dritten Modul unter Beratung des Projektteams ein Workshop-Konzept für die eigene Zielgruppe erarbeitet.
Vertiefungen
In den Vertiefungen geht es außerdem darum, wie versteckte (politische) Zugangsbarrieren aufgedeckt und gemeinsam Veränderungen angestoßen werden können. Auch soll der sichere Umgang mit Störungen und schwierigen Situationen innerhalb der Workshops eingeübt werden. Zusätzlich gibt es die Möglichkeit, das Wissen über das Netzwerken und Selnstmarketing aufgefrischt werden.
Das theoretische Wissen wird in Einzelarbeit udn Kleingruppen erprobt und reflektiert, damit alle Teilnehmer*innen am Ende der Fortbildung eine Auswahl an bekannten Methoden und Inhalten in ihrer Arbeit als Trainer*innen mitnehmen können. Hierzu erhalten die Teilnehmer*innen qualifiziertes Feedback durch das Projektteam, was sie auch nach Abschluss der Forbildung begleiten und stärken soll.
Zertifizierung Sprecher*innen gegen Diskriminierung 2022
Wir gratulieren unseren diesjährigen Sprecher*innen gegen Diskriminierung!
Zum Abschluss eines ereignisreichen Jahres überreichte AGABY-Vorsitzende Mitra Sharifi-Neystanak den Absolvent*innen der Schulung Sprecher*innen gegen Diskriminierung am 09.12.2022 in der AGABY-Geschäftsstelle in Nürnberg ihre vom Staatsminister Joachim Herrmann unterzeichneten Zertifikate.
13 Mitglieder der Integrationsbeiräte Bayerns nahmen 2022 an dem zweiten Schulungsdurchlauf teil. Die Schulung ist der Kern des Projekts „Aktiv(ierend)e Antidiskriminierungsarbeit in Bayern“ und erarbeitet mit den Teilnehmenden in drei Modulen Sprache, Handlungsmöglichkeiten und politisches Engagement gegen Rassismus und Diskriminierung. Dadurch sollen bestehende und vor allem von Ehrenamt getragene Strukturen der Antidiskriminierungsarbeit empowert, sichtbar gemacht und professionalisiert werden.
Wir freuen uns, dass wir so viele engagierte Menschen auszeichnen durften, die eine wichtige Rolle im Kampf gegen Rassismus und Diskriminierung einnehmen. Ob bei der Verweisberatung von Betroffenen, bei der Sensibilisierung innerhalb des Beirates oder in Diskussionen mit politischen Vertreter*innen – wir wünschen allen Sprecher*innen gegen Diskriminierung viel Erfolg bei ihren zukünftigen Vorhaben!
Ausgezeichnet wurden:
- Ana Maria Benevides Werner, Beirat Bad Kissingen
- Rami Boukhachem, Beirat Erlangen
- Nicoletta Fiore, Beirat Regensburg
- Lilit Harutyunyan, Beirat Erlangen
- Youssouf Issakha Adam, Beirat Regensburg
- Ahmet Karaman, Beirat Landshut
- Eléni Kaskamanidou, Beirat Landkreis Lindau
- Jules Masuku Ayikaba, Beirat Würzburg
- Eiad Raslan, Beirat Dillingen a.d. Donau
- Kemal Saglam, Beirat Augsburg
- Zahra Taher, Beirat Garching
- Dr. Sema Tasali-Stoll, Beirat Weiden
- Maria Volmer, Beirat Kaufbeuren
Zertifizierung Sprecher*innen gegen Diskriminierung 2021
Innenminister Joachim Herrmann und AGABY zeichnen "Sprecher*innen gegen Diskriminierung" aus
Bei der Anerkennungsfeier erhielten 28 Mitglieder der Integrationsbeiräte Bayerns ihr Zertifikat.
Am Samstag, den 27.11.2021, wurden 28 Beiratsmitglieder von Staatsminister Joachim Herrmann als „Sprecher*innen gegen Diskriminierung“ ausgezeichnet. Die Anerkennungsfeier im Rahmen des Projekts „Aktiv(ierend)e Antidiskriminierungsarbeit in Bayern“ war eigentlich als Präsenzveranstaltung geplant, konnte nun aber coronabedingt nur online stattfinden. Dennoch war die Feier ein gelungener und freudiger Abschluss der diesjährigen Schulung gegen Diskriminierung. Hier finden Sie das Video zu der Veranstaltung.
AGABY-Vorstandsvorsitzende Mitra Sharifi-Neystanak lobte das große Engagement der zukünftigen Sprecher*innen, die eine „mahnende Stimme“ für von Diskriminierung betroffene Menschen seien. Im politischen Diskurs zum Thema Antidiskriminierungsarbeit gebe es zwar einige hoffnungsstiftende Signale, dennoch stünden diesen manche gesamtgesellschaftlich sehr bedenkliche Entwicklungen entgegen. Sharifi-Neystanak zeigte sich hoffnungsvoll, dass die ausgebildeten Beiräte durch die Schulung eine gute Grundlage für ihren Einsatz gegen Diskriminierung haben. In drei Schulungs-Modulen: „Aussprechen“, „Ansprechen“, „Mitsprechen“ setzten sich die Teilnehmenden mit eigenen Diskriminierungserfahrungen auseinander, erörterten Möglichkeiten, Diskriminierung offen anzusprechen und suchten nach Wegen, wie sich diskriminierungsfördernde Strukturen politisch verändern lassen. Ihre wichtige Aufgabe, so die Vorsitzende, sollten die zukünftigen Sprecher*innen „mit offenem Ohr und Herzen“ ausführen und politische Entscheidungsprozesse wachsam begleiten.
Projektleiterin Natalie Keller führte mit einer humorvollen Online-Umfrage noch einmal durch die vergangene Schulung. Hier wurde zugleich deutlich, wie facettenreich die Schulung war, bei der die Teilnehmenden bei insgesamt zwölf Schulungsterminen sechs Referent*innen gehört und so verschiedene Formen der Diskriminierung kennengelernt hatten.
Nach der Pause traf Staatsminister Joachim Herrmann ein, um die teilnehmenden Beiräte mit ihrem Zertifikat auszuzeichnen. Maria Cristina Lozano Gomez und Thigis Kirushnathasan stellten dem Minister die Schulung noch einmal aus Teilnehmendensicht vor. In seiner Rede betonte der Innen- und Integrationsminister die „Brückenfunktion“ der ausgebildeten Sprecher*innen, die mit ihrem Engagement einen wichtigen Beitrag zum gesellschaftlichen Zusammenhalt leisteten. Klar stellte sich der Minister gegen Rassismus, Antisemitismus und Rechtsradikalismus und hob beispielhaft verschiedene Projekte des Freistaats Bayern in diesem Bereich hervor. Es folgte ein aufgeschlossener und kritischer Austausch mit den teilnehmenden Beiräten, bei dem unter anderem die Frage diskutiert wurde, inwiefern neben der bundesweiten auch eine landesweite Diskriminierungsstelle benötigt werde. Moderiert wurde das Gespräch von Schulungsteilnehmer Tamur Khan.
Nach dieser Diskussion folgte der Höhepunkt der Veranstaltung: die Auszeichnung der Sprecher*innen gegen Diskriminierung. Musikalisch umrahmt wurde die Feier von der Band „Off Brain Project“, die der Veranstaltung trotz der coronabedingten Umstände eine sehr warmherzige Atmosphäre verlieh.
Ausgezeichnet wurden:
- Anca Maria Aicha, Beirat Schweinfurt
- Anuradha Kalia, Beirat Kempten
- Çiğdem Deniz, Beirat Aschaffenburg
- Claudio Cumani, Beirat Garching
- Dimitrina Lang, Beirat München
- Iman Ayyad, Beirat Burghausen
- Hale Eren-Khaki, Beirat Dachau
- Igor Dordevic, Beirat Augsburg
- Ildiko Ortolino, Beirat Rothenburg o. d. Tauber
- Julia Pollithy, Beirat Dillingen a.d. Donau
- Kanaan Alabed, Beirat Dillingen a.d. Donau
- Khadija Alkhatib, Beirat Dillingen a.d. Donau
- Khrystyna Pavliukh, Beirat Bamberg
- Maher Khedr, Beirat Weiden
- Margarita Goldenberg, Beirat Augsburg
- Maria Cristina Lozano Gomez, Beirat Ingolstadt
- Monir Shahedi Beirat Regensburg
- Naoufel Hafsa, Beirat Würzburg
- Olga Dub-Büssenschütt, Beirat München
- Olga Atmatzidi, Beirat Ingolstadt
- Paolo Mura, Beirat Lindau
- Ayseli Secil Herrscher, Beirat Rothenburg o. d. Tauber
- Selcen Güzel, Beirat Neu-Ulm
- Silvia Iriarte-von Huth, Beirat Ingolstadt
- Sonja Esfahani, Beirat Erlangen
- Tamur Khan, Beirat Kaufbeuren
- Thigis Kirushnathasan, Beirat Kaufbeuren
- Valentina Amalia Dumitru, Beirat Bayreuth






Methodenhandbuch: Aktivierende Antidiskriminierungsarbeit für Beiräte und migrantische Selbstorganisationen
Diskriminierung geht uns alle etwas an. Mit dem Projekt “Aktivierende Antidiskriminierungsarbeit in Bayern” ermutigen wir Beiräte und Selbstorganisationen, sich mit Diskriminierung in ihrer eigenen Organisation zu beschäftigen.
Nach zwei Schulungsdurchgängen „Sprecher*in gegen Diskriminierung“ entstand im Rahmen der Fortbildung „Train the Trainer“ ein Workshopkonzept zum Thema Antidiskriminierung in der Beiratsarbeit.
Das Konzept und unsere Projekterfahrung möchten wir mit anderen Multiplikator*innen und Trainer*innen im Kontext der Beiratsarbeit teilen. Das Handbuch zeigt Möglichkeiten auf, wie Diskriminierung in der eigenen Organisation bearbeitet werden kann.
Die Veröffentlichung wird ermöglicht durch Projektmittel von „Demokratie leben!“ des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) und des Bayerische Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration (StMI). Die Veröffentlichung stellt keine Meinungsäußerung des BMFSFJ, BAFzA oder StMI dar.
Sichtbarmachung
Nur wer weiß, was Diskriminierung bedeutet, kann sich damit auseinandersetzen. Die Online-Workshopreihen "Antidiskriminierungs-ABC" und "Geschichten im Gepäck" machten vielfältige Perspektiven migrantischer Gruppen sichtbar, sensibilisierten für Formen von Diskriminierung und gaben Anregungen für antidiskriminierendes und antirassistisches Handeln.
Geschichten im Gepäck
In der Onlineseminarreihe „Geschichten im Gepäck“ setzen wir uns mit den vielfältigen Geschichten des Auswanderns, den verschiedenen Herkunftskulturen und den Erzählungen, die die Menschen aus diesen mitnehmen sowie den Unterschieden im „Ankommen“ in Deutschland auseinander. Es geht um die Vielfalt der Zu-/Einwanderungsgeschichten, das gegenseitige Kennenlernen und den Dialog zwischen den unterschiedlichen Zuwanderer*innen.
Geschichten im Gepäck in Leichter Sprache
Viele Menschen wissen wenig über Migrations-Geschichten.
Deshalb ist es wichtig, Migrations-Geschichten zu kennen.
Zu dem Thema hat das Projekt Online-Workshops gemacht.
Der Name der Online-Workshops: „Geschichten im Gepäck“.
In dem Online-Workshop
- wurden Geschichten über verschiedene Gruppen von Migrant*innen erzählt.
- wurde erklärt, wie sich Migrant*innen selber nennen.
- wurde die Arbeit von Organisationen der Migrant*innen vorgestellt.
Antidiskriminierungs-ABC
Rassismus, Islamfeindlichkeit, Nationalismus, Homophobie, Sexismus und viele andere Begriffe...
Das Antidiskriminierungs-ABC erklärt diese auf verständliche Weise und zeigt die Zusammenhänge im Alltag, in Bildungseinrichtungen, Beruf und Ehrenamt auf. Neben thematischen Impulsen kommen auch Expert*innen zu Wort. Anhand konkreter Beispiele setzten wir uns mit Begriffen aus der Antidiskriminierungsarbeit auseinander und diskutieren miteinander.

Antidiskriminierungs-ABC in Leichter Sprache
Das „Anti-Diskriminierungs-ABC“ erklärt wichtige Begriffe zu den Themen
Diskriminierung und Rassismus.
Anti bedeutet: gegen etwas sein.
ABC steht für das Alphabet.
Sensibilisierung und Vernetzung
SENSIBILISIERUNG
Durch die Projektmaßnahmen wollen wir Multiplikator*innen und einflussreiche Akteur*innen der Mehrheitsgesellschaft erreichen, informieren und aktivieren. In (Fach-)Veranstaltungen und Kooperationen vermitteln wir eine rassismuskritische Perspektive und setzen uns gemeinsam mit unterschiedlichen Diskriminierungsformen und Rassismen auseinander. Ziel ist es, sie für einen offenen Diskurs und für eine konstruktive und kontinuierliche Zusammenarbeit zu gewinnen.
VERNETZUNGSTREFFEN
Mehrmals im Jahr finden mit den Sprecher*innen gegen Diskriminierung, Kooperationspartner*innen und Multiplikator*innen aus der Antidiskriminierungsarbeit, politischen Bildung und Politik thematische Vernetzungstreffen statt.
Dokumentation der Bayernweiten Landeskonferenz gegen Rassismus und Diskriminierung am 10. Dezember 2022 in Nürnberg
Am 10. Dezember 2022 veranstalteten wir AGABY zusammen mit dem Bayerische Jugendring (BJR) und dem Netzwerk für eine rassismus und diskriminierungsfreies Bayern (NRDB) in Nürnberg die große Fachkonferenz zum Engagement gegen Rassismus und Diskriminierung in Bayern mit über 100 Teilnehmer*innen. Wir bewerten sie als einen gemeinsamen und empowernden Erfolg. Nicht nur die Diversität der Personen und Organisationen war beeindruckend. Beeindruckend war auch der fachlich kompetente, engagierte und produktive Austausch sowie die breite Vernetzung zwischen den Teilnehmer*innen.
Wir bewerten die Konferenz als einen gemeinsamen und empowernden Erfolg. Nicht nur die Diversität der Personen und Organisationen war beeindruckend. Beeindruckend war auch der fachlich kompetente, engagierte und produktive Austausch sowie die breite Vernetzung zwischen den Teilnehmer*innen.Haupt- und Ehrenamtliche konnten sich mit Bedarfen, Visionen und praktischen nächsten Schritten auf dem Weg zu einem rassismus- und diskriminierungsfreieren Bayern auseinandersetzen.
Deshalb möchten wir unseren großen Dank allen beteiligten Organisationen und Personen aussprechen. Wir freuen uns schon auf die nächste Konferenz. Wir hoffen, dass beim nächsten Mal verantwortliche Politiker*innen und Vertretungen der Ministerien sich den Dialog und die Suche nach gemeinsamen Lösungen nicht entgehen lassen.
Denn die Zeit ist längst reif, Rassismus- und Diskriminierungserfahrungen ernst zu nehmen und unsere Demokratie weiterzuentwickeln. Ein moderner demokratisch verfasster Staat braucht Werkzeuge, mit denen diese zu Gehör gebracht und ihnen begegnet werden können.
Nicht zuletzt ist eine nachhaltige Bekämpfung von Rassismus und Diskriminierungen ein wichtiger Bestandteil des Schutzes der Demokratie vor ihren Feinden, zu deren Ideologie und Agenda Ungleichwertigkeitstheorien, Marginalisierung, Hass und Gewalt gegen Minderheiten gehören und die die Basis für gefährliche demokratiefeindliche Bestrebungen auch in Bayern bilden.
Bleiben wir gemeinsam dran!
Hier geht es zur ausführlichen Dokumentation der Landeskonferenz
Die Sprecher*innen zu Besuch bei Innenminister Herrmann und der Grünen Landtagsfraktion
Bei einem Treffen in München tauschten sich die Sprecher*innen gegen Diskriminierung mit Innenminister Joachim Herrmann und der Landtagsabgeordneten Gülseren Demirel über die Antirassismus- und Antidiskriminierungsarbeit in Bayern aus.
Die Beiratsmitglieder wurden 2021 im Rahmen des Projekts Aktiv(ierend)e Antidiskriminierungsarbeit in Bayern zu Sprecher*innen gegen Diskriminierung von Innenminister Herrmann zertifiziert. Sie setzen sich in ihren Kommunen für eine strukturelle Verankerung der Antidiskriminierungsarbeit ein und dienen als erste Anlaufstellen vor Ort.
Coronabedingt hatten die gesamte Schulung sowie die Zertifizierungsfeier (https://www.agaby.de/aktuelles-details/innenminister-joachim-herrmann-und-agaby-zeichnen-sprecherinnen-gegen-diskriminierung-aus) , bei der Innenminister Herrmann ebenfalls anwesend war, nur online stattgefunden. Daher freuten sich zehn der Sprecher*innen umso mehr, den Staatsminister und die Landtagsabgeordnete nun auf einen persönlichen Austausch zu treffen.
Zunächst stand der Besuch im Bayerischen Landtag an. Empfangen wurden die Sprecher*innen von der Landtagsabgeordneten Gülseren Demirel, Sprechern für Integration, Asyl und Flucht und Hamun Tanin, Parlamentarischer Berater für die Fachbereiche Integration und Asyl vom Bündnis 90/die Grünen im Landtag Bayern. Im Austausch schilderte die Grünen-Politikerin die Inhalte des im Parlament eingebrachten landesweiten Antidiskriminierungsgesetzes, für das sie im Mai im Landtag keine mehrheitliche Zustimmung erhalten hatten. Die Sprecher*innen betonten aus ihrer praktischen Erfahrung, wie hilfreich ein solches Gesetz für ihre eigene Antidiskriminierungsarbeit wäre.
Nach dem Austausch trafen sich die Sprecher*innen mit Staatsminister Joachim Herrmann im Bayerischen Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration. Nach dem freundlichen Empfang stellten die Sprecher*innen sich vor und berichteten über ihre Arbeit seit der Zertifizierungsfeier als zertifizierte Sprecher*innen gegen Diskriminierung vor Ort. Sie berichteten wo sie bereits Erfolge verzeichnen konnten, vor allem aber wo noch große Hürden vor ihnen liegen.
Im Gespräch befragten sie den Staatsminister zur aktuellen Lage der Antirassismus- und Antidiskriminierungsarbeit in Bayern, wo Staatsregierung Handlungsbedarf sieht und welche Maßnahmen sie ergreift, um Rassismus und Diskriminierung entgegen zu wirken. Sie lobten die schnelle und unkomplizierte Aufnahme der ukrainischen Geflüchteten durch eine schnelle Gesetzgebung und Unterstützung der lokalen Helfer*innen durch die Regierung.
Gleichzeitig forderten sie ähnliche Verfahren für alle Geflüchtete, um eine gleiche und vor allem menschlichere Behandlung sicherzustellen. Sie betonten auch hier die Notwendigkeit einer Landesantidiskriminierungsstelle. Strukturlücken im ländlichen Raum, Willkürlichkeit der öffentlichen Verwaltung und fehlende Ressourcen der Ehrenamtlichen sind nur einige Aspekte, die ihre Arbeit erheblich erschweren. Eine überregionale Stelle könnte dem entgegenwirken.
Nach dem intensiven Austausch bedankten sich die Sprecher*innen für den Empfang des Staatsministers.
Projekt-Abschluss
Wir sagen DANKE für fünf Jahre aktivierende Antidiskriminierungsarbeit in Bayern!
- an alle Ehrenamtlichen, die das Projekt überhaupt möglich gemacht haben, die Sprecher*innen geworden sind und sich in ihrer Kommune gegen Diskriminierung einsetzen.
- an alle Kooperationspartner*innen, die uns mit ihrer Expertise begleitet haben.
- an alle ehemaligen Kolleg*innen, die das Projekt mit aufgebaut haben.
Am 02.10.2024 kamen alle zur Abschlussveranstaltung zusammen, um auf das Projekt zurückzublicken. Sowohl Sprecher*innen gegen Diskriminierung als auch die Projektbeteiligten waren sich einig: Wir haben viel geschafft, aber es bleibt viel zu tun. Dafür braucht es Vernetzung miteinander, Gefühl und Zahlen, um Diskriminierung sichtbar zu machen und Mut, sich gegen Diskriminierung einzusetzen.
Publikation: Projekt-Dokumentation
5 Jahre "Aktivierende Antidiskriminierungsarbeit in Bayern" - wie ist das Projekt entstanden? Was haben wir erreicht? Wo wirkt das Projekt weiter? Die ausführliche Projektdokumentation mit allen Highlights, Maßnahmen und Analysen. Hier klicken zum Herunterladen.
Abschluss-Veranstaltung am 02.10.2024
Eingeleitet wurde der Abend durch das Grußwort des Integrationsbeauftragten der Bayerischen Staatsregierung, Karl Straub, und durch eine Videobotschaft der Vorstitzenden der AGABY, Mitra Sharifi.
Mitra Sharifi lobte, dass durch das Projekt ein sehr erfolgreiches und gleichzeitig niedrigschwelliges Angebot gegen Diskriminierung auf den Weg gebracht wurde. Trotzdem bleibe es wichtig, weiter für Diskriminierung und Rassismus zu sensibilisieren, Betroffene nicht alleine zu lassen und sie zu empowern. Sharif wörtlich: „(...) Ich wünsche Ihnen und euch, uns allen sehr viel positive Kraft für die Zukunft, um die Utopie einer Gesellschaft ohne Diskriminierung voranzubringen.“
In einer Gesprächsrunde kamen ehemalige Projektleitungen, Wegbereiter*innen und einigen Sprecher*innen gegen Diskriminierung zusammen, um sich untereinander und mit den Teilnehmenden auszutauschen.
Zeichnerisch begleitet hat den Abend Britta Krondorf mit einem Graphic Recording.
Gesprächsrunde: 5 Jahre aktivierende Antidiskriminierungsarbeit in Bayern
Wie alles anfing…
Impuls für die Entwicklung des Projekts waren die ersten Erfahrungen mit dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG): Die gesellschaftlichen Ungerechtigkeiten wurden damit deutlich, gleichzeitig aber die Perspektive, etwas dagegen tun zu können. Erste Klagen verliefen erfolgreich. Gleichzeitig zeigten sich zweierlei Lücken. Es fehlte das allgemeine Wissen, dass es diesen Schutz vor Diskriminierung in bestimmten Lebensbereichen durch das Recht gibt. Und es mangelte an Beratungsangeboten, die abseits von Rechtsfragen von Diskriminierung Betroffene betreuen. Weder die Antidiskriminierungsarbeit noch die Integrationsarbeit waren und sind in Bayern durch das Land finanziell und personell abgesichert Das bedeutet: Die bestehende Struktur musste von Ehrenamtlichen getragen werden. Aus dem Wunsch, gründete AGABY das Netzwerk Rassismus- und Diskriminierungsfreies Bayern (NRDB) in 2015. Dieses Netzwerk auszuweiten und für eine staatliche Struktur zu kämpfen, war der Impuls des Projekts.
Die Integrationsbeiräte waren Schlüsselpersonen: Sie genießen Vertrauen in Communitys und bei potenziell Betroffenen von Diskriminierung sowie in der kommunalen Politik. Dafür musste Handlungswissen vermittelt werden: Was kann im Rahmen des AGG überhaupt getan werden? Was ist politisch möglich? An wen können Betroffene in Bayern verwiesen werden?
Wichtig: Die Verantwortung für Antidiskriminierungsarbeit kann nicht dauerhaft alleine und vor allem nicht ehrenamtlich getragen werden.
Bereits bei der Entwicklung der Projektinhalte wurde deshalb klar, dass politische Wirksamkeit herzustellen ein Schwerpunkt des Projekts sein musste. Es ging darum, zu vermitteln: Wie kann ich Diskriminierungserfahrungen aussprechen, wie ansprechen, an wen adressiere ich sie und wie bringe ich sie ein, um handlungsfähig zu werden?
Aufgrund der Einschränkungen durch die Corona-Pandemie konnte das Projekt nicht wie geplant in Präsenz-Workshops und Austauschräumen stattfinden. Aus dieser Notlage heraus entstanden zuerst die Online-Empowerment Workshops „Antidiskriminierungs-ABC“ und „Geschichten im Gepäck“. Um die vielfältigen Ausprägungen von Diskriminierung greifen zu können, wollte das Projekt sich zunächst mit den unterschiedlichen Communities, Diskriminierungsformen und Selbstbezeichnungen beschäftigen. Als Expert*innen konnten dann Menschen aus unterschiedlichsten Netzwerken gewonnen werden. Und es zeigte sich: Beide Reihen waren ein großer Erfolg und fanden Anklang auch außerhalb der Netzwerke von Engagierten.
Diese Netzwerkbildung konnte so weiter ausgebaut werden und inzwischen sind die Netzwerkpartner*innen mit den Sprecher*innen gegen Diskriminierung verknüpft und die bayernweiten Lücken werden kleiner. Es gilt: Better together. Gemeinsame Sichtbarkeit ist besonders im Feld der Antidiskriminierungsarbeit sehr wichtig. Dadurch, dass es diese Zusammenarbeit zuvor kaum gab, hat sich das Projekt selbst entwickelt und weiterentwickelt. Essenziell dafür waren Teamwork, verschiedene Blickwinkel und Diversität auch im Team.
Was wir erreicht haben…
Der große Schwerpunkt und großes Highlight des Projekts war die Ausbildung „Sprecher*in gegen Diskriminierung“. Die ausgebildeten Integrationsbeirät*innen sind sprech- und handlungsfähig und haben in ihren Kommunen ganz eigene Projekte angestoßen. Ein paar Beispiele guter Praxis:
Ingolstadt
Nach der Schulung analysierten Cristina und Silvia aus dem Migrationsbeirat die Strukturen und Maßnahmen vor Ort. Das Fazit: Es gibt eine sehr große Lücke. Und das, obwohl bereits seit Längerem ein Antrag zur Errichtung einer Antidiskriminierungsstelle im Stadtrat vorlag. Mithilfe des Beirats wurde dieser Antrag reaktiviert, die Sprecher*innen wandten sich an unterschiedliche Kommunale Akteur*innen und wurden schließlich zu einem Gespräch geladen mit dem Oberbürgermeister sowie der Bürgermeisterin für Soziales, Umwelt und Familie. Die eingebrachte Expertise wurde positiv und offen aufgenommen. Im Juli 2022 war es dann soweit: Es wurde eine Antidiskriminierungsstelle als Pilotprojekt für 2 Jahre mit einem Kontingent von 4 Stunden in der Woche eingerichtet.
Die Herausforderung: In dieser Zeit nachweisen, dass es Bedarf für diese Stelle gibt, dass es die Stadtgesellschaft voranbringt und für die Kommune lohnenswert ist. Im Juli 2024 stellte die Antidiskriminierungsstelle die bisherige Arbeit im Migrationsrat vor, woraufhin dieser eine Stellungnahme an die Kommune schrieb. Gefordert wurden mehr Personal und mehr Finanzen. Diese Stellungnahme wurde von einigen Stadträt*innen unterstützt und ein Antrag auf eine Verstetigung und Ausweitung gestellt.
Einblicke in die Arbeit der Antidiskriminierungsstelle Ingolstadt (Stand Mai 2024, Zeitraum vom 01.10.22 bis 31.05.24): 111 gemeldete Diskriminierungsfälle, davon 62 Fälle rassistischer Diskriminierung, 15 Diskriminierungen aufgrund des Geschlechts und weitere Diskriminierungen wegen Behinderung, Queerfeindlichkeit, Religion, Aussehen und Alter. Diskriminierung überwiegend im Bereich, Ämter und Behörden (47%), dann Öffentlichkeit, Freizeit, Schulen, Kindertagesstätten, Internet, Wohnen.
Die Antidiskriminierungsstelle kann aber auch andere wichtige Aufgaben übernehmen: Sensibilisierung der Gesellschaft, Aufbau und Ausbau von Netzwerkarbeit, Analyse der Stadtverwaltung, etc.
Wie geht es weiter in Ingolstadt? Die größte Herausforderung aktuell: Kommunale Haushaltssperre und die Finanzen, um die Stelle aufrecht zu erhalten. Der Migrationsrat engagiert sich weiterhin bei Aktionen und Veranstaltungen, zum Beispiel des Bündnisses Ingolstadt ist bunt oder dem neu gegründeten Ingolstädter Bündnis für Demokratie, Vielfalt und Toleranz. Das Wissen als Sprecher*innen können Cristina und Silvia auch in ihrer hauptamtlichen Arbeit einsetzen, um Betroffene an Beratungen zu verweisen. Die Schwierigkeit ist, den Betroffenen zuzuhören und sie dann aber zu ermutigen, es der Antidiskriminierungsstelle zu melden. Viele Betroffene möchten das Erlebte nicht noch ein weiteres Mal erzählen oder vertrauen Behörden nicht. Dabei braucht es diese Meldungen für die Statistik und wiederum das Geld.
Kempten
Was bringen Statistiken zu Diskriminierungserfahrungen? Im Integrationsbeirat Kempten wurde kontrovers diskutiert, ob es in Kempten überhaupt Diskriminierungserfahrungen gibt. Um diese Frage konstruktiv zu klären, beschloss der Integrationsbeirat, eine ausführliche Erhebung durchzuführen. Abed leitete die Erstellung und Durchführung der Umfrage. Etwa 350 Personen unabhängige von der Herkunft, von der Diskriminierungserfahrung und merkmalsübergreifend haben daran teilgenommen. Nach Besprechung der Ergebnisse im Beirat und mit der kommunalen Verwaltung war klar: Es braucht eine Antidiskriminierungsstelle. Es braucht Menschen, die sich hauptamtlich darum kümmern, um Diskriminierung sichtbar zu machen, Betroffene zu unterstützen und Diskriminierung in Kempten vorzubeugen.
Aus den Ergebnissen erarbeitete der Integrationsbeirat einen Beschluss mit der Aufforderung an die Stadtpolitik. Der Oberbürgermeister zeigte reges Interesse, doch gibt es auch hier die Herausforderung der Finanzierung.
Einblicke in die Ergebnisse der Studie: 1/3 der Befragten berichten von Diskriminierungserfahrungen. Vor allem Geschlecht spielt eine Rolle, ebenso Migrationsgeschichte, Hautfarbe etc. Häufiger Betroffen sind weiblich gelesene Personen mit Migrationsgeschichte. Besonders interessant: Von Diskriminierung betroffene Personen haben geringeres Vertrauen in Politik und ein geringeres Sicherheitsgefühl in der Stadt. Damit sollte Diskriminierungsschutz nicht nur als Schutz von Individuen verstanden werden, sondern auch die gesellschafts- und sicherheitspolitische Dimension mitgedacht werden.
Kaufbeuren
Was tun, wenn es an Geldern fehlt und es vor Ort keine Antidiskriminierungsstelle gibt? Auch in Kaufbeuren gab es keine Aussicht auf Gelder durch die Kommune oder Anerkennung des Problems Rassismus bzw. Diskriminierung. Im September 2022 begannen deshalb die Sprecher*innen Thigis, Maria und Tamur eine ehrenamtliche Sprechstunde gegen Diskriminierung anzubieten. Stand Mai 2024 gab es 10 Fälle, wobei die meisten Fälle über Privatkontakte außerhalb der Sprechstundenzeiten an die Sprecher*innen herangetragen wurden.
Eine weitere Herausforderung: Viele weitere Fälle waren bereits länger her und konnten aufgrund der Verjährung nicht mehr verfolgt werden. Deswegen ist auch die vermutete Dunkelziffer deutlich größer als bisher erhoben. Auch die Bewerbung der Sprechstunde stellte sich als schwieriger heraus als angenommen. Genutzt wurden die Integreat-App, Social Media und Flyer. Ein Learning: Es braucht Zeit, bis sich die Neuigkeit über persönliche Kontakte verbreitet und das Angebot besser genutzt wird.
All das benötigt mehr Ressourcen als Ehrenamtliche haben. Auch muss immer wieder betont werden, dass es sich bei diesen Beratungen um Verweisberatung und keine professionelle juristische Beratung handelt. Dafür sind wieder die gebildeten Netzwerke im Rahmen des Projektes hilfreich.
Input: Empowerment und Resilienz
Zum Abschluss gab Coachin und DEI-Trainerin Vera Atwell-De Nobrega einen empowernden Input zum Thema Resilienz.
Die Arbeit im Themenfeld Antidiskriminierung kann durchaus Einfluss auf die Gesundheit haben. Deshalb ist es wichtig, auf uns zu achten, wenn wir nachhaltig in dem Feld arbeiten können wollen. Wir müssen uns fragen: Wie ist es, wenn wir selbst in unserer eigenen Positionierung von Diskriminierung betroffen sind?
Empowerment
Empowerment hat viele Bedeutungsebenen, die alle ein wenig anders verstehen können. Diskriminierung hat viel mit sozialen Konstrukten zu tun, die auf uns projiziert werden. Mit Schubladen, in die wir gesteckt werden. Wenn ich empowert bin, geht es nicht darum, wie andere mich kategorisieren, sondern was ich selber von mir denke, was meine eigene Wahrnehmung ist. Empowerment hat mit der Gesellschaft zu tun, hat damit zu tun, dass ich in einer bestimmten Gruppe von Menschen bin. Und tatsächlich hat es auch damit zu tun, dass diese Gruppe von Menschen eben nicht dieselben Zugänge hat zu Macht wie die Normgesellschaft. Und diese Gruppe kann sich untereinander empowern.
Was kann empowernd sein?
- „connection“: dass wir untereinander eine Verbindung haben, eine gewisse Verbundenheit untereinander und eine Zugehörigkeit spüren.
- „consciousness“: dass wir uns bewusstwerden, inwieweit wir alle von Diskriminierung betroffen sind und unter welchen Kriterien und Mechanismen das passiert. Dass wir uns Wissen aneignen, das unser Bauchgefühl uns vorher schon signalisiert hat. Dadurch werden wir sprechfähig.
- „creativity“: dass wir das Verkopfte hinter uns lassen, (kindlich-)kreativ werden und was Neues schaffen. Das kann auch eine Form von kritischem Widerstand sein.
- „spirituality“: dass wir etwas spüren, das uns verbindet oder uns Kraft gibt. Das muss nichts Religiöses sein. Es geht um das Gemeinschaftserlebnis.
- „agency“ und „activism“: dass wir den Mund aufmachen, aufstehen, Gemeindearbeit leisten.
- „health“: dass wir auf uns selbst und unsere eigene körperliche und mentale Gesundheit achten.
Resilienz
Resilienz hat gewisse Ähnlichkeiten mit Empowerment, aber ist nicht ganz das gleiche. Resilienz ist grundsätzlich für alle Menschen wichtig und ein Thema, egal ob mit oder ohne Diskriminierungserfahrung. Manche bringen mehr Resilienz mit, andere weniger. Widrigkeiten, Stresssituationen und Stressfaktoren können wir alle im Leben haben - Arbeitslosigkeit, eigene oder familiäre Erkrankung, Sterbefälle, Beziehungsbrüche... Resilienz zu stärken heißt, mit Krisen umgehen zu können, wieder rauszukommen und mental gesund zu werden/bleiben.
Empowerment und Resilienz
Wenn wir mit Menschen (beratend) arbeiten, unterstützen wir Menschen in Krisen. Deshalb müssen Empowerment und Resilienz zusammengedacht werden.
Empowerment hat viel mit Strukturen zu tun: Diskriminierung passiert auf der zwischenmenschlichen Ebene (Beleidigungen, etc.), auf der ideologischen Ebene („Schubladen“, etc.) und strukturelle bzw. institutionelle Ebene (Gesetze, Zugänge, …). Es kann empowernd sein, darüber zu sprechen und sich dessen bewusst zu werden. Menschen in privilegierten Positionen müssen sich darüber keine/kaum Gedanken machen, weil es sie im Alltag nicht/kaum betrifft. Ehrenamtlich zu arbeiten kann an ein paar dieser strukturellen Punkte helfen. Gleichzeitig ist Ehrenamt auch von diesen Strukturen abhängig – zum Beispiel von Haushaltsgeldern.
Menschen, die selbst von Diskriminierung, die von Rassismus betroffen sind, erleben häufiger stressige Situationen. Zum Beispiel in Form von Mikroaggressionen: Das sind Kleinstverletzungen, die jeden Tag passieren, manchmal ganz subtil und manchmal sehr offen. Die Anzahl dieser täglichen Kleinstverletzungen können eine traumatische Wirkung auf uns haben und sich auf unsere Gesundheit auswirken. Diese Verletzungen und dieser Stress können auch entstehen, wenn wir Betroffene unterstützen und von ihren Diskriminierungs- und Rassismuserfahrungen hören.
Beim Ehrenamt spielt auch eine weitere Ebene von Diskriminierung eine besondere Rolle: Die internalisierte Ebene – Botschaften, die wir seit unserer Kindheit mitbekommen und mit uns herumtragen. Das kann zu Zweifeln, zu Erschöpfung und einem Gefühl führen, nicht genug zu sein. Auch das ist bei Menschen mit Diskriminierungs- und Rassismuserfahrung besonders ausgeprägt. Desto wichtiger ist es, dass wir auch hinsichtlich mentaler Gesundheit proaktiv das Thema Selbstbewusstsein angehen.
Wenn wir über Empowerment und Resilienz sprechen, müssen wir auch immer Intersektionalität im Kopf behalten. Menschen machen vielfältige Erfahrungen, sie haben vielfältige Kompetenzen. Das kann manchmal auch belasten, weil Menschen unterschiedliche Positionierungen und unterschiedliche Privilegien auch innerhalb einer Community mitbringen. Ein Empowerment-Raum ist dann ein Raum, in dem wir einfach mal sein dürfen, ohne Schubladen – auch innerhalb einer Community.
Was können wir also als Community oder in unserem Ehrenamt tun? Es gibt verschiedene Tipps, um Resilienz in Krisensituationen zu stärken. Zum Beispiel:
- Für Ehrenamtliche und Menschen mit Diskriminierungserfahrungen: schafft Saferspaces. Das sind Orte, wo Betroffene sich regelmäßig treffen und austauschen können.
- Für Menschen in privilegierten Positionen: richtet Powersharing Spaces ein. Das sind Orte, wo Nicht-Betroffene über Möglichkeiten der Veränderung nachdenken können und sich selbst sensibilisieren und dazulernen
- Feiere (tägliche) Erfolge: Wem hast du alles in deiner Arbeit geholfen? Wem machst du ein Lächeln ins Gesicht gezaubert? Sei stolz auf dich!
- Rege deine fünf Sinne an, indem zu zum Beispiel etwas Scharfes isst, Musik hörst, eine Massage bekommst, etwas Angenehmes Riechst, etc.
- Gestalte dein soziales Umfeld: Menschen, die uns guttun, helfen auch durch Krisen und schwere Zeiten zu kommen.
- Wichtig: du musst nicht immer stark sein, das zehrt auch Energie.
- Ziehe klare Grenzen: Du brauchst auch Pausen! Nein zu anderen bedeutet auch manchmal ja zu dir selbst.
- Finde etwas, das dich glücklich macht und deine See nährt.
- Vergiss dich nicht selbst in der Arbeit! Nur so kann sie nachhaltig weitergehen.
Unser Netzwerk
Kooperationsprojekt Einmischen!
In Kooperation mit dem Landesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement (LBE) bringen wir Sprecher_innen gegen Diskriminierung und Ehrenamtliche aus den Beiräten als Pat_innen an Schulen. Im Rahmen der vom LBE geleiteten Workshops erarbeiten die Schulklassen Grundlagen zu Anti-Diskriminierung, lernen ehrenamtliches Engagement in diesem Themenfeld kennen und planen mit Unterstützung der Pat*innen ein sechswöchiges Projekt gegen Diskriminierung an ihrer Schule oder in ihrer Stadt.
Weitere Infos unter: Home - Einmischen!
Kooperation Fachtagung für Diversität
In Kooperation mit dem Bezirksjugendring (BezJR) Mittelfranken und der Caritas-Pirckheimer Akademie, Ressort "Gesellschaft, Solidarität, Nachhaltigkeit" veranstalten wir jährlich einen Fachtag "Diversität". Der Fachtag richtet sich an hauptberufliche und ehrenamtliche Multiplikator*innen aus der Jugendarbeit, Bildung und Beratung sowie an Engagierte in Integrationsbeiräten.
Im Jahr 2021 fand der Fachtag unter dem Motto "Rassismus in Deutschland: erkennen. benenenn.begegnen."
Im Jahr 2022 fand der Fachtag unter dem Motto "Politische Bildung in der Migrationsgesellschaft: Aktuelle Diskussionen und Herausforderungen in der Praxis".
Eine Übersicht zu den bisherigen Fachtagungen und der geplanten Fachtung für diese Jahr gibt es hier: BezJR Mittelfranken
Projektbeirat
Das Projekt wird über die gesamte Projektlaufzeit von einem Beirat als beratendes Gremium begleitet. Besetzt mit Akteur*innen aus verschiedensten Bereichen (u.a. Wissenschaft, Bildung und Zivilgesellschaft), bereichern sie das Projekt mit ihren Fachkenntnissen rund um das Thema Antidiskriminierung, Migration und politische Teilhabe. Das Projekt profitiert vom Expert*innenwissen der Beiratsmitglieder und deren konstruktiven Impulsen für die Projektarbeit.
Unser Projekt in der Presse
Allgäuer Zeitung: Eröffnung der Sprechstunde gegen Diskriminierung in Kaufbeuren
November 2022
Tamur Khan und Thigis Kirushnatasan sind Mitglieder im Beirat für Vielfalt und Offene Gesellschaft in Kaufbeuren und haben bei AGABY im Projekt „Aktivierende Antidiskriminierungsarbeit in Bayern“ erfolgreich die Ausbildung zum Sprecher gegen Diskriminierung absolviert. Dafür wurden sie 2021 vom Bayerischen Innenminister Joachim Herrmann mit einem Zertifikat ausgezeichnet. Tatkräftige Unterstützung erhalten die beiden dabei von Maria Volmer, die seit Dezember 2022 ebenfalls Sprecherin gegen Diskriminierung ist.
Das engagierte Dreier-Gespann bietet ab dem 26.11.2022 ehrenamtlich Verweisberatung gegen jegliche Art von Diskriminierung an. Die genauen Zeiten werden im Eckpunkt ausgehängt und können bei der Geschäftsstelle des Beirats erfragt werden.
Zum Artikel in der Allgäuer Zeitung
Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung der Allgäuer Zeitung
BVR Podcast: "Bayerns Integrationsbeiräte im Kampf gegen Diskriminierung"
Oktober 2022
Im Podcast-Interview spricht die Projektleiterin Natalie Keller mit dem Moderator Michael Weinberger über das bayerische Modellprojekt „Aktiv(ierend)e Antidiskriminierungsarbeit“ und ihre Arbeit bei AGABY.
Das Interview ist die 3. Folge des postmigrantischen Podcasts „Stimmen der Vielfalt“ des Bundesverband russischsprachiger Eltern (BVR) e. V., der ebenfalls vom Bundesprogramm "Demokratie leben!" gefördert wird.
Natalie Keller leitet das Projekt mit Elan, Engagement und Leidenschaft.
In dem rund 50-minütigen Gespräch erläutert sie u.a., welche Ursprünge und Ziele das Projekt hat, welche Rolle und Aufgaben Integrationsbeiräte erfüllen, wie sich Schulungen zur Sprecher*in gegen Diskriminierung gestalten und wie es generell um das Selbstverständnis Bayerns als Migrationsgesellschaft aussieht.
Stadt Ingolstadt: "Kein Mensch soll benachteiligt sein."
März 2022
Silvia Iriarte-von Huth, Cristina Lozano-Gomez und Olga Atmatzidi, Mitglieder des Ingolstädter Migrationsrats, haben 2021 die Schulung zu Sprecherinnen gegen Diskriminierung absolviert. Für ihr Engagement wurden sie von der Integrationsbeauftragten Ingrid Gumplinger und dem Oberbürgermeister Christian Scharpf geehrt.
Augsburger Allgemeine: "Sie wurden zu Sprechern gegen Diskriminierung geschult"
Januar 2022
Margarita Goldenberg und Igor Dordevic sind seit 2021 Sprecher*innen gegen Diskriminierung. Im Augsburger Integrationsbeirat engagieren sie sich gegen Diskriminierung und wollen die Schulung nutzen, um für das Problem zu sensibilisieren.
Dillingen Aktuell: "Joachim Herrmann ehrt Sprecher*innen gegen Diskriminierung"
Januar 2022
Mit Khadija Alkhatib, Kanaan Alabed und Julia Pollithy hat die Stadt Dillingen a. d. Donau drei Sprecher*innen gegen Diskriminierung dazugewonnen. Die Mitglieder des Integrationsbeirats Dillingen setzen sich mit ihrem Engagement für Beteiligung und gegen Diskriminierung ein.
RegioTV: "Zeit für Vielfalt - Neu-Ulm hat eine Sprecherin gegen Benachteiligung"
Januar 2022
In Neu-Ulm gibt es mit Selcen Güzel nun die erste Sprecherin gegen Diskriminierung. Sie hat Projekte in Planung, welche allen Menschen, aber gerade Kindern die Angst vor dem Fremden nehmen soll. Außerdem möchte sie Anlaufstellen für Betroffene bieten.
Stadt Neu-Ulm: "Eine Stimme gegen Benachteiligung"
Januar 2022
Selcen Güzel hat im Jahrgang 2021 erfolgreich die Schulung zur Sprecherin gegen Diskriminierung absolviert. Als Mitglied des Internationalen Beirats von Neu-Ulm engagiert sie sich vor Ort und bayernweit gegen Diskriminierung.
Allgäuer Zeitung: "Sprecherin gegen Rassismus in Kempten engagiert sich"
November 2021
Anuradha Kalia hat bei AGABY erfolgreich die Schulung zur "Sprecherin gegen Diskriminierung" absolviert.
Die Kemptnerin ist Mitglied im dortigen Integrationsbeirat und engagiert sich für eine langfristige Anlaufstelle für Menschen, die Diskriminierung erfahren haben und für Bildungsangebote gegen Rassismus.
Artikel der Allgäuer Zeitung
Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung der Allgäuer Zeitung
Sonntagsblatt: "Kampf gegen Rassismus: Ansprechen, Aussprechen, Mitsprechen"
April 2021
Teilnehmer*innen schildern ihre Motivation, an der Schulung zur "Sprecher*in gegen Diskriminierung" teilzunehmen und berichten über eigene Rassismuserfahrungen.
Der Projektleiter und die Vorsitzende der AGABY erläutern die Zielsetzung.
Ausführlicher Artikel mit dem Titel "Kampf gegen Rassismus: Ansprechen, Aussprechen, Mitsprechen" im Sonntagsblatt.
Das Projekt ist ein Modellprojekt gefördert aus Geldern des Bayerischen Staatsministeriums des Innern für Sport und Integration und im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben!“ vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (www.demokratie-leben.de) und findet in Kooperation mit dem Netzwerk Rassismus- und Diskriminierungsfreies Bayern statt.