Die Integrationsbeiräte Bayerns begrüßen die Verstetigung des Islamunterrichts in Bayern

AGABY begrüßt die Entscheidung der Regierungsparteien bezüglich der Verstetigung des "Islamischen Unterrichts" nach dem bewährten bayerischen Modell. Gleichzeitig formulieren die Integrationsbeiräte über das bisherige Modell hinausweisende Forderungen.

Bisher hat der "Islamische Unterricht" nicht den Stellenwert eines "echten" Religionsunterrichts. „Mit dem Islamischen Unterricht ist jedoch ein praktischer Kompromiss gefunden worden, der den muslimischen Schüler*innen mit und ohne Migrationshintergrund die Möglichkeit einer schulischen Beheimatung ihres Glaubens in Deutschland anbietet“, so Mitra Sharifi, Vorsitzende der AGABY.

AGABY, die Arbeitsgemeinschaft der Ausländer-, Migranten und Integrationsbeiräte Bayerns begrüßt die Entscheidung der Regierungsparteien bezüglich der Verstetigung des „Islamischen Unterrichts“ nach dem bewährten bayerischen Modell. Gleichzeitig formulieren die Integrationsbeiräte über das bisherige Modell hinausweisende Forderungen.

„Islamischer Unterricht“ aus Gründen der Gleichberechtigung wichtig!

Seit 10 Jahren wird an 350 bayerischen Schulen der „Islamische Unterricht“ nach dem „Erlangener Modell“ angeboten. 15.000 Kinder haben ihn besucht. Auch wenn eine wissenschaftliche Evaluation noch aussteht, gibt es eine einhellig positive Beurteilung unter den Schüler*innen, Eltern und Fachleuten. Dieser Unterricht wird auf der Grundlage der in Deutschland entwickelten Lehrpläne durchgeführt, von muslimischen Lehrkräften in deutscher Sprache erteilt und steht unter staatlicher Schulaufsicht. Die Kinder erhalten die Möglichkeit, sich mit Glaubensinhalten des Islam und ihrer religiösen Identität in der Schule auseinanderzusetzen. Darin liegt der entscheidende Unterschied zu den Angeboten des Ethikunterrichts, an dem bisher die muslimischen Kinder mangels einer Alternative teilnahmen und der konzeptionell für „konfessionsfreie“, d.h. nichtreligiöse Schüler*innen gedacht ist. Der Ethikunterricht ist ein wertvoller Unterricht. Solange es aber katholischen, evangelischen, jüdischen oder alevitischen Religionsunterricht gibt, und nicht alle einen gemeinsamen Ethikunterricht besuchen, bleibt aus Gründen der Gleichberechtigung ein islamischer Religionsunterricht ein wichtiger Ansatz.

Islamunterricht als Integrationsförderung und Extremismusprävention

Dieser „Islamische Unterricht“ ist integrationsfördernd und von großer gesamtgesellschaftlicher Bedeutung. Das Fehlen eines Angebots zur Fundierung einer gleichberechtigten und artikulationsfähigen religiösen Identität für muslimische Schüler*innen macht diese zur leichten Beute für extreme Gruppierungen, die mit ihren z. T. menschenverachtenden Ideologien den Kindern eine vermeintliche „muslimische Identität“ und Anerkennung anbieten.

Trotzdem kein echter Religionsunterricht…

Der „Islamische Unterricht“ hat bisher nicht den Stellenwert eines „echten“ Religionsunterrichts, da die Islamverbände keine im Sinne des Grundgesetzes anerkannte Religionsgemeinschaft sind, die wie im Falle des katholischen oder evangelischen Unterrichts die Lehrinhalte bestimmen. Denn Muslime sind anders organisiert als Christen, und bisher ist die Organisation einer einzigen „Gemeinschaft“ gescheitert. Angesichts der vielfältigen Organisationsformen (verschiedene religiöse Schulen und Gemeinden, unterschiedliche ethnische und sprachliche Prägungen und Traditionen, nationale Organisationsformen und finanziellen Quellen) wird eine einheitliche Gemeindebildung weiterhin schwierig bleiben. Erhielte eine der ethnisch organisierten islamischen Organisationen den übergeordneten Status, würde dies Akzeptanzprobleme hervorbringen, hat sich doch die ethnische Zusammensetzung der muslimischen Kinder gerade in den letzten Jahre weiter diversifiziert. „Mit dem „Islamischen Unterricht“ ist jedoch ein praktischer Kompromiss gefunden worden, das „einen“ Unterricht ermöglicht und den muslimischen Schüler*innen mit und ohne Migrationshintergrund die Möglichkeit einer schulischen Beheimatung ihres Glaubens in Deutschland anbietet“ so Mitra Sharifi, Vorsitzende der AGABY.

Eine win-win Situation

Die islamischen Lehrkräfte in den Schulen bieten zudem neue Möglichkeiten für das gegenseitige Kennenlernen und den interreligiösen Austausch sowohl unter den Schüler*innen als auch den Lehrkräften. Somit wird die Darstellung islamischer Glaubensinhalte nicht länger überforderten Einzelschüler*innen oder allein den Eltern überlassen.

Religionspädagog*innen brauchen Berufsperspektive

Die Etablierung und das flächendeckende Angebot des „Islamischen Unterrichts“ sind auch im Hinblick auf spätere berufliche Perspektiven wichtig. Denn auf dieser Grundlage können junge Studierende an den deutschen Universitäten im Fach Islamische Theologie/ Religionspädagogik ausgebildet werden.

Die Lehrer- und hoffentlich bald entstehende „Imamausbildung“ an den deutschen Universitäten bedeutet zudem eine Stärkung und Verstetigung von Lehrstühlen für islamische Theologie an hiesigen Universitäten. Diese ermöglichen eine Auseinandersetzung mit den Glaubensinhalten und religiösen Bedürfnissen von Muslim*innen unter den Bedingungen des Lebens in Europa und Deutschland. Damit können die Lehrstühle, unabhängig von etwaigen ausländischen Geldgebern, auf eine solide wissenschaftliche Basis gestellt werden.

Forderung der Einführung eines festen Stundenkontingents

Gleichzeitig fordert AGABY die Einführung eines festen Kontingents an Schulstunden für einen gemeinsamen religionsübergreifenden Austausch aller Schüler*innen, die an getrenntem Konfessions- oder Ethikunterricht teilnehmen. Ziel dieser Unterrichtsstunden wäre, das Gemeinsame und Verbindende zu erleben und die Dialogfähigkeit über die religiöse und nichtreligiöse Identität zu fördern.